Nürnberger Symphoniker am NGN
Am 4. Oktober 2018 erwartete uns, die Schülerinnen und Schüler der gesamten „Musikabteilung“ des NGN, ein besonderes Schmankerl der musikalischen Kultur Nürnbergs. Die Nürnberger Symphoniker hielten eine einstündige Probe in der Aula der Schule ab.
Aufgebaut dafür wurde ab acht Uhr, die Aula war in beiden Pausen gesperrt – sehr zum Leidwesen vieler draußen frierender Schüler. Doch das Zittern und Frieren hat sich gelohnt, denn um 11:45 Uhr durften wir dem Unterricht entfliehen und uns eine Stunde dem Zauber der Musik widmen.
Die Orchesteraufstellung war ein faszinierendes Experiment, es war sozusagen ein 360°-Orchester, sodass wir einen live Dolby-Surround-Effekt hatten. In der Mitte würde der recht neue Chefdirigent, Kahchun Wong, stehen, außen herum hatten bereits die Musiker Platz genommen und mitten drin wir Schüler – ein Orchester zum Miterleben.
Begrüßt wurden wir vom Intendanten der Symphoniker, Lucius Hemmer, der auch gleich eine Überraschung für uns parat hatte: Jedem Schüler steht ein Gutschein für ein beliebiges Symphoniker-Konzert in dieser Spielzeit zu, was wir mit einem großen Applaus honorierten.
Eine ebensolche Begrüßung wurde dann Kahchun Wong zuteil, als der Maestro persönlich, selbstverständlich nachdem die Musiker ihre Instrumente gestimmt hatten, seinen Platz auf dem Podest einnahm. So freundlich, wie er begrüßt wurde, begrüßte er dann auch alle Schülerinnen und Schüler und führte uns in einer hervorragenden Mischung aus Englisch und Deutsch in das Programm ein – Beethovens Symphonie Nr. 6 F-Dur op. 68 (Pastorale).
Nach einer kurzen Erklärung folgte der erste Satz der Symphonie, den die Symphoniker natürlich in gewohnter Qualität mühelos und virtuos spielten, was Wong mit kleinen Einwürfen wie „it’s like a rainbow!“ verfeinerte. Nach tosendem Applaus für die Musiker zeigte er die verschiedenen klangmalerischen Effekte auf, die Beethoven in seine Musik eingebaut hatte und die wir heraushören konnten, wie die Regentropfen und das Pizzicato der Vögel. Auch aus Satz drei führte er einige Beispiele auf, so ließ er die Symphoniker vor dem Beginn des dritten Satzes einen „Kindertanz“ spielen, den er mit „countryside“ beschrieb, und anschließend im Vergleich dazu sollten wir uns die Erwachsenen mit „Brezeln, Bier, Schäufele“ vorstellen, die dazukamen und die Stimmung der Musik veränderten. Sein humorvoller Auftritt und vor allem das Deutsch-Englisch-Gemisch trugen sehr zu einer lockeren Stimmung bei. Im 4. Satz ließ er das Gewitter demonstrieren, vom Pauker, der sichtlich Spaß zu haben schien, und von dem er anschließend sagte, er habe gerade mal mezzoforte gespielt, im echten Stück wäre das ein forte fortissimo possibile, was vor allem für die Schüler direkt neben den Pauken vielversprechend klang. Doch zunächst spielten die Symphoniker noch ein „Volkslied“ und einen Hirtengesang aus dem fünften Satz, bevor wir die Sätze drei, vier und fünf im Zusammenhang und mit lauter Pauke hörten. Wongs Dirigat war tatsächlich sehr interessant anzusehen, denn er tanzte regelrecht auf dem Podest, und die 360°-Aufstellung tat ihr Übriges, um den Bewegungsambitus des Dirigenten zu maximieren. Die Pauke kostete dabei wohl den einen oder anderen in der Nähe Sitzenden einige Nerven, und das Orchester brachte die ganze Aula zum Klingen und Vibrieren, doch am Ende brandete ein weiteres Mal vollkommen berechtigter Applaus auf, und es schien, als habe keiner der Schüler einen bleibenden Hörschaden erhalten.
Damit war die Arbeit für die Musiker fast zu Ende, denn nun waren wir Schüler an der Reihe und durften Fragen an Dirigenten und Orchester stellen. Besonders die Frage, wie Wong zum Dirigieren gekommen sei, beantwortete dieser mit einer interessanten Geschichte: Er habe zuerst Trompete gespielt, dann habe er eigene Kompositionen geschrieben, die er mit seinen Freunden spielen wollte. Dazu brauchte es allerdings einen Dirigenten – also musste er es selbst machen.
Eine weitere Frage – ob die Symphoniker denn noch etwas spielen könnten – beantwortete er mit Brahms’ ungarischen Tänzen, bei welchen er sogar das Klatschen der begeisterten Zuhörer dirigierte. Nach einem weiteren Applaus war die Probe beendet, doch wir konnten noch lange mit den Musikern und dem Dirigenten einzeln reden, Fragen zu Instrumenten stellen und das eine oder andere in Erfahrung bringen. So wurde diese Stunde zu einem wunderbaren, sehr ungewöhnlichen und erfolgreichen Erlebnis für alle Schülerinnen und Schüler, die anwesenden Lehrer und hoffentlich auch für die Symphoniker und ihren Dirigenten Kahchun Wong – ein Erlebnis, das sich von Schülerseite aus sicherlich gerne wiederholen dürfte.
Und Wongs Lieblingsinstrument? Natürlich Bratsche. Und warum? Weil seine Frau sie spielt.
Dorothea und Jonathan Roller, Q12