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Aus dem religiösen Leben unserer Schule

Einschneidende Momente oder Wendepunkte unseres Lebens nehmen wir Menschen gewöhnlich zum Anlass, innezuhalten, über unser Leben nachzudenken, Kurskorrekturen vorzunehmen oder aber ein Fest zu feiern. Im Schulalltag können der Anfang und das Ende des Schuljahres als solche Wendepunkte betrachtet werden. Deshalb feiern wir am NGN traditionell am ersten und letzten Schultag Gottesdienste. Beim diesjährigen ökumenischen Anfangsgottesdienst in der Gustav-Adolf – Gedächtniskirche diente ein Puzzlespiel als Symbol für eine ideale Schulgemeinschaft, in der jede und jeder anders ist und anders sein darf. Wie jedes Puzzleteil braucht jedes Mitglied unserer Schulfamilie andere Menschen, um  Halt zu finden. So weiß dann im Idealfall jede und jeder, wo er hingehört und wo der Platz ist, an dem sie oder er sich wohl fühlt. Ein besonderer Willkommensgruß in der neuen Schulfamilie  galt den Schülerinnen und Schülern der 5. Jahrgangsstufe, die zum Teil von ihren Eltern begleitet worden waren. Für die Schülerinnen und Schüler der fünften bis siebten Jahrgangsstufe fand am 22. 12. 17 ein weihnachtlicher Wortgottesdienst statt. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung stand das Bereitsein für das Ereignis, dem Weihnachten zu verdanken ist. Anhand verschiedener Texte und Lieder setzten sich die Schülerinnen und Schüler kritisch mit dem Stress und der Hetze auseinander, die die Adventszeit prägen, und entwickelten ein Gespür für die notwendige Ruhe und Offenheit, um die Ankunft Jesu zu feiern. Wie jedes Jahr folgten dann der Abitur - und der Jahresschlussgottesdienst, die aber erst nach Redaktionsschluss dieses Jahresberichts stattfanden.

Eine Besonderheit  in diesem Schuljahr war der Unterricht in der Jahrgangsstufe 9M+ (Mittelstufe Plus). Hier wird der Religionsunterricht einstündig erteilt und folgt verschiedenen Gestaltungsvorschlägen, die flexibel umgesetzt werden können. Die evangelische Religionsgruppe hat in diesem Rahmen im Wintersemester die erstmalige Teilnahme des NGN am jährlich stattfindenden Briefmarathon von Amnesty International organisiert. Die Idee dieses Briefmarathons ist, dass weltweit möglichst viele Menschen für Personen Briefe schreiben, die unter Menschenrechtsverletzungen zu leiden haben oder die sich selbst in ihrem Land für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen. Ausgestattet mit Infomaterial von Amnesty International sind die Schüler der Klasse 9M+Ev in weitere Religionsklassen gegangen, haben die anwesenden Schüler über die vier von Amnesty für Jugendliche ausgewählten Personen informiert und ihre Mitschüler dann zum (freiwilligen) Schreiben von Unterstützungsbriefen angeleitet.  Im zweiten Halbjahr wurde die Anregung des Gestaltungsvorschlags aufgegriffen, ein ökumenisches Kooperationsprojekt zwischen der katholischen und der evangelischen Religionsgruppe der Jahrgangsstufe 9M+ durchzuführen. Unter dem Motto „Vielfalt des Christentums erleben“ wurden hierbei zuerst konfessionelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten beleuchtet. Anschließend bereiteten beide Gruppen eine große gemeinsame Exkursion in die Kirchen St. Kunigund und St. Peter vor, bei der die Schülerinnen und Schüler „ihre Kirche“ der jeweils anderen Gruppe kirchenpädagogisch erschlossen und auf diese Weise Gemeinsamkeiten und Unterschiede noch einmal konkret erfahrbar machten. Das Projekt wurde begleitet von Herrn Prof. Dr. Konstantin Lindner von der Universität Bamberg.

Gottesdienste, Gebet und Meditation (z.B. bei Stundenbeginn) prägen zweifellos das religiöse Leben einer Schule. Daneben aber stehen soziale und karitative Aktivitäten. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang einmal mehr die Unterstützung des Schul- und Berufsausbildungsprojekt „Zukunft für Kinder - Aldea Laura“, für das sich unser ehemaliger Kollege Herr Nusch nach wie vor mit unglaublicher Energie engagiert.

Im Herbst traf sich eine evangelische Religionsgruppe der 7. Jahrgangsstufe mit Frau Persch im Hauptbahnhof mit einem Mitarbeiter des Vereins Straßenkreuzer e.V. Dieser zeigte den Schülern u.a. die dortige Wärmestube und gab ihnen Einblick in das Leben Obdachloser (vgl. Extraartikel).

Von den vielfältigen sonstigen außerschulischen Aktivitäten im Rahmen des Religionsunterricht will ich mich im Folgenden auf die Unternehmungen in den 9. Klassen beschränken: Am Mittwoch, dem 04.10.17 besuchten die katholischen Schülerinnen und Schüler der Klassen 9M und 9c im CPH eine Ausstellung zum Thema Menschenrechte und Flüchtlingsschicksale (vgl. Extraartikel „Flüchtling ist nicht gleich Flüchtling“).  In einer Doppelstunde am 18.10.2017 wurden alle katholischen Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen von Bischof Joachim Quédraogo (Bistum Koudougou in Burkina Faso) besucht.  Er berichtete im Auftrag der Hilfsorganisation „missio“  von dem geradezu vorbildhaften interreligiösen Dialog in seiner Heimat (s. Extraartikel „Von den Ärmsten lernen“). Alle Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe (außer 9M+) machten sich am 21.2. bzw. am 7.3.18 nach Fürth auf, um dort den Spuren der Fürther Juden nachzugehen. Die Führung, die vom jüdischen Museum organisiert worden war, machte unter anderem überaus deutlich, welchen Anteil die jüdische Bevölkerung an der Geschichte dieser Stadt hat. Denn die jüdische Bürgerschaft lebte in Fürth jahrhundertelang relativ friedlich mit ihren christlichen Nachbarn zusammen. Hier fanden sie so freiheitliche Lebensbedingungen vor wie in kaum einer anderen Stadt. Ob in wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Hinsicht - die Kleeblattstadt profitierte in hohem Maße von ihren jüdischen Bürgerinnen und Bürgern. Ihren wichtigsten Ausgangspunkt fand die Geschichte des Fürther Judentums mit der Vertreibung der Juden aus Nürnberg im Jahr 1499. Gegen die Zahlung eines hohen Schutzgeldes erlaubten der Markgraf von Ansbach und der Dompropst von Bamberg die Ansiedlung in Fürth. So kam es im Jahr 1528 zur dauerhaften Ansiedlung von Menschen jüdischen Glaubens in Fürth. Im Gegensatz zu anderen Städten hat in Fürth niemals ein jüdisches Ghetto existiert; jüdische Bauten sind über die gesamte Innenstadt verteilt. Bald schon hatten die Juden einen entscheidenden Anteil am Gewerbeleben, so dass der Fürther Aufschwung vom Dorf zur Industriestadt fraglos zu einem bedeutenden Teil ihnen zu verdanken ist. Bereits 1607 wurde der alte jüdische Friedhof angelegt und der erste Rabbiner berufen. Zehn Jahre später konnte die erste Synagoge fertiggestellt und eingeweiht werden. Gegen Ende des 17. Jahrhundert gründeten die Fürther Juden eine Talmudhochschule, die Rabbiner ausbildete. Damit etablierte sich Fürth als ein Zentrum des mitteleuropäischen Judentums.

Die Fürther Juden erhielten durch das 1719 erlassene "Reglement für die gemeine Judenschaft" zahlreiche Privilegien, die ihnen eine in Deutschland einzigartige Stellung sicherte. Sie besaßen das aktive und passive Wahlrecht zum Bürgermeisteramt. Im 18. Jahrhundert war fast jeder vierte Fürther jüdischen Glaubens. Eine Vielzahl sozialer und kultureller Einrichtungen gehen auf jüdische Fürther (z.B. Nathansstift, Berolzheimerianum, Krautheimerkrippe,  Centauren-brunnen) zurück. David Morgenstern war 1849 der erste jüdische Land-tagsabgeordnete in Bayern. 1843 wurde Dr. Grünsfeld als erster jüdischer Rechtsanwalt zugelassen, und auch der erste jüdische Schulrektor sowie der erste jüdische Richter des bayerischen Königreichs lebten in Fürth. Der Schriftsteller Jakob Wassermann wurde 1873, der berühmte Verleger Leopold Ullstein (vgl. Ullsteinverlag) 1826 in Fürth geboren. Allgemein bekannt ist auch, dass der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger 1923 in Fürth geboren wurde und noch bis heute die Ergebnisse seiner SpVgg verfolgt.

relleb18In den zwölf Jahren nationalsozialistischer Diktatur wurde die viele Jahrhunderte dauernde Epoche des vergleichsweise gelungenen Miteinanders jäh beendet. So wurde z.B. in der sogenannten „Reichspogromnacht“  die Fürther Hauptsynagoge, die 1617 (!) eingeweiht worden war, zerstört.

Ein wichtiges Ziel Fürther Stadtpolitik war in den letzten Jahrzehnten, an die Epoche des friedlichen Zusammenlebens von Juden und Christen anzuknüpfen. Besonders deutlich sichtbar wurde dieses Bestreben durch die Eröffnung des Jüdischen Museums Franken im Jahre 1999. Ende des vergangenen Jahres wurde eine Straße in der Innenstadt nach Bella Rosenkranz benannt. Sie kam 1921 in Fürth zur Welt. Seit dem Tod ihrer Mutter 1929 lebte sie im jüdischen Waisenhaus. Gerade 17 Jahre alt geworden, wurde sie 1938 mit 53 weiteren Juden von der Gestapo nach Polen deportiert. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht im September 1939 floh sie von dort nach Russland. Als Hitler auch die Sowjetunion angriff, wurde Rosenkranz, die "deutsche Jüdin", als "Feind" eingestuft und zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt, dann nach Sibirien verbannt. Doch Rosenkranz konnte fliehen und arbeitete unter neuer Identität an der sowjetischen Ostküste. 1961 durfte sie nach Fürth zurückkehren. Ihrer Geburtsstadt blieb sie bis zu ihrem Tod im Jahre 2017 eng verbunden.

L. Buckel

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